© 2014 Holger Albers

April 2015: Doppelt gelesen - der Pleonasmus

Von weißen Schimmeln haben wir alle schon einmal gehört: Der Zusatz der Farbe sei überflüssig, denn schließlich sei ein Schimmel immer weiß, so die dazu gehörende Lehrmeinung. Wenngleich das biologisch nicht ganz richtig ist - Schimmel sind bei der Geburt wohl eher grau und werden erst später weiß - ist es doch sprachlich einleuchtend. Derartige informative Dopplungen bezeichnet man als Pleonasmen.


Dass sie bei den recht einfachen Beispielen wie Krähe oder Schimmel in aller Regel nicht notwendig sind und daher weggelassen werden sollten, ist sicher unstrittig. Allerdings gibt es auch Pleonasmen, die gar nicht so einfach zu erkennen sind. So erfordern einige etwa Kenntnisse, wie sich denn ein Akronym zusammensetzt. Ein Beispiel: Auf jedem Buch findet sich eine ISBN-Nummer. Was ist daran 'falsch'? Das 'N' steht bereits für Nummer, es liegt also eine Dopplung vor. Ähnlich verhält es sich auch mit den ABM-Maßnahmen oder dem HIV-Virus.


Noch schwieriger sind Pleonasmen, die sich nur mit umfangreichem fremdsprachlichem Wissen entlarven lassen. So erscheint an dem Wort 'Glasvitrine' zunächst nichts bemerkenswert. Weiß man allerdings, dass die Vitrine aus dem Lateinischen kommt und 'gläserner Schrank' meint, könnte man sich das 'Glas' an dieser Stelle sparen. Schauen Sie sich doch unter diesem Aspekt Wörter wie Düsenjet, La-Ola-Welle, Pulsschlag oder Chiffrenummer an.


Auch wenn es sich aus wissenschaftlich-germanistischer Sicht um einen Pleonasmus handelt, entscheidend für die Verwendung ist der Kenntnisstand meiner Leser. Kann oder muss ich als Autor das sprachliche oder inhaltliche Wissen voraussetzen, sollte ich diese Pleonasmen meiden. Dienen sie aber der Verständlichkeit bei anderen Zielgruppen, sollte ich den allgemein geläufigen Begriff verwenden; wir wollen ja schließlich inhaltlich informieren und nicht den Leser irritieren.




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